STELLEN WIR UNS AN DIE SEITE DER ARMEN!

Der Maler-Pfarrer Sieger Köder aus Deutschland hat im Frédéric Ozanam-Saal der Pfarre St Vinzenz in Graz (Österreich) ein 4 x 4m großes Wandbild gemalt. Mit großem Einfühlungsvermögen und Können hat er Frédéric Ozanam, den Gründer der Vinzenzgemeinschaften (1813-1853) und sein Engagement für die Armen dargestellt.

Zu allen Zeit wurden Arme an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Selbst die Kirche hat sich nicht immer wirklich eindeutig an ihrer Seite gestellt und sich für ihre Rechte und ihre Würde eingesetzt. Man begnügte sich oft mit Almosen, statt sich dafür einzusetzen, dass sich ihre Lebensbedingungen ändern. So war es auch zu Zeiten Frédéric Ozanams. Die Fenster der Kathedrale Notre Dame sind finster. Von der Kirche geht kein Licht der Hoffnung aus. Es ist kein Wunder, dass die Menschen in ihrer Verzweiflung sich anderen Ideologien zuwenden (rote Fahnen) und in ihrer Not zur Gewalt greifen, um ihre Rechte zu erkämpfen.

Frédéric Ozanam, Professor an der Sorbonne in Paris, hat als einer der wenigen erkannt, dass es für die Gesellschaft und damit auch für die Kirche von wesentlicher Bedeutung ist, wie sie sich der Schwachen und Ausgebeuteten annimmt.

Er sagte: "Die Frage, welche die Menschen unserer Tage scheidet, ist ... ob die Gesellschaft nur eine große Ausbeutung zum Vorteil der Stärkeren oder die Aufopferung des Einzelnen für das Wohl aller, besonders für den Schutz der Schwachen sein wird ... Auf der einen Seite steht die Macht des Geldes, auf der anderen die der Verzweiflung".

Gerade die Kirche wäre dazu berufen, sich energisch der Schwächeren anzunehmen. Er stellte sich auch hinter die Prinzipien der Französischen Revolution: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit erschienen ihm als der vollendete Ausdruck der Forderungen des Evangeliums.
Die Trikolore an den Häusern weist auf diese seine Überzeugung hin. Das mangelnde Interesse der Kirche am Elend der Industriearbeiter erfüllte ihn mit großer Sorge. Er schrieb: "Hätten sich in den letzten Jahren mehr Christen um die Arbeiter gekümmert, so könnten wir jetzt zuversichtlich in die Zukunft blicken." Verzweifelte Menschen stürmten die Kirche Samt Germain-Auxerrois und erschossen Erzbischof Affre.

Ozanam meldete sich am 10.Februar 1848 in der Zeitung Le Correspondant zu Wort: "Schlagen wir uns auf die Seite der Barbaren ("passons aux barbares"), anstatt den Interessen der egoistischen Bourgeoisien zu entsprechen."

Für ihn war es wichtig, nicht nur soziale Ideen zu entwickeln, sondern zu den Menschen zu gehen, um ihr Los zu verstehen und ihnen wirklich helfen zu können. "Zum Studium der sozialen Wohlfahrt und wohltätiger Reformen ist es nicht so sehr erforderlich, über den Büchern zu sitzen und Reden anzuhören, man muss vielmehr die Treppen der Armenhäuser hinaufsteigen. Man muss an den Betten der Armen sitzen, man muss mit ihnen frieren. ...erst dann kann man an eine Lösung (ihrer Probleme) denken."
Mit einer Hand berührt er die Kinder und damit all jene, mit denen damals wie heute niemand etwas zu tun haben will.

Die andere streckt er weit geöffnet zu jenem aus, der gesagt hat: "Was ihr einem dieser Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan". Dieser blickt mitleidsvoll und mitfühlend nicht nur aus der Vergangenheit zu uns herüber. Er möchte vielmehr heute durch unser Engagement seine Liebe jenen zuwenden, für die wir die einzige und letzte Hoffnung sind. Die von Ozanam gegründeten Vinzenzgemeinschaften sind ganz besonders dazu aufgerufen.