Neubau nach dem großen Brand von Galata

Bei der bald in Angriff genommenen Wiederherstellung wirkte ein osmanisches Gesetz außerordentlich hinderlich: Es ordnete an, daß der Baurest zerstörter Kirchen mitsamt dem Boden, auf dem sie sich befanden, automatisch dem Staat zufällt. Der Boden mußte, wollte man eine Kirche wiedererrichten, neu erworben werden, die Genehmigungen für einen Wiederaufbau mußten erst wieder eingeholt werden. Unglückseligerweise waren die diplomatischen Beziehungen zwischen Frankreich und Konstantinopel in diesem Jahr an einem Tiefpunkt, so daß auch nicht interveniert werden konnte. Die Kapuziner versuchten, den Behördenweg zu umgehen, indem sie die Kirche in Form eines Magazins aufführten und zum Zweck der Täuschung über dem Schiff Zimmer errichteten, doch die Behörden ließen sich nicht überlisten und erzwangen die Abtragung des Gebäudes. In der Folge waren ein Türke und ein Jude Besitzer des Areals, weil Frankreich St. Georg aber als einen seiner Stützpunkte im Osmanischen Reich betrachtete (der andere war die Jesuitenniederlassung St. Benoit), betrieb es die Wiederherstellung des Zustandes, der vor dem Stadtbrand geherrscht hatte, vordringlich. In der Kapitulationsurkunde zwischen König Ludwig XIV. und Sultan Mehmed IV. wurde schließlich vereinbart, daß

"man die 2 französischen Orden, nämlich Jesuiten und Kapuziner, in dem Besitze ihrer Kirchen, welche sie seit langer Zeit in Galata haben, nicht beunruhigen wird ... und, da eine dieser Kirchen abgebrannt ist, so erlauben wir, daß sie wieder in dem früheren Zustand aufgebaut werde und den Kapuzinern zufalle ..."

Allerdings hatten die Kapuziner den Grund erst wieder zu erwerben, und das taten sie, indem sie den Preis von 2600 Piaster erlegten, und sie fingen am 3. Oktober 1675 mit dem Wiederaufbau an.

Dieser ging nur unter Schwierigkeiten vonstatten: Weil man die Gerüste, zu schnell entfernte, stürzte ein Teil des dreischiffigen Neubaues ein, weshalb man bei den türkischen Behörden schon wieder um die Genehmigung für einen Neubau einzukommen hatte. Am 6. Jänner 1677 endlich weihte Patriarchalvikar Erzbischof Ridolfi die Kirche ein und zelebrierte unter der Anwesenheit des französischen Gesandten de Nointel und des venezianischen Gesandten Morosini die erste Messe. Auf einer Gedenktafel wurden die Ereignisse jener Jahre festgehalten; sie befindet sich heute in der Nordseite des Presbyteriums.

Einem neuerlichen Stadtbrand im Jahr 1696 entging die Kirche St. Georg glücklicherweise; hingegen wurde das Kloster St. Georg (an der Stelle der ehemaligen Mädchenschule) Opfer des Brandes.

Vom Februar 1704 und Februar 1715 sind weitere Visitationsberichte erhalten, und ein weiterer aus dem Jahre 1721 berichtet, daß der Hauptaltar dem Heiligen Georg, die Seitenaltäre aber der Gottesmutter und den Heiligen Rochus und Felix geweiht seien. Zwei Patres aus Frankreich und ein Laie von ebendort sowie ein italienischer Pater seien an der Kirche tätig, die an der Kirche bestehende Bruderschaft zum Heiligen Rochus kümmere sich insbesondere um die christlichen Sklaven Konstantinopels, und die Finanzierung der Erhaltung von St. Georg sei durch Spenden und durch Zuwendungen Frankreichs gesichert.

Am 21. Juli 1731 brannte Galata wiederum; das Kloster und die Sakristei von St. Georg gingen in Flammen auf. Bis zum Ende des nämlichen Jahres bestanden beide Baulichkeiten wieder; die Unterstützung des französischen Botschafters de Villeneuve hatte die Wiedererrichtung ermöglicht. St. Georg begann in jenen Jahren aber an Bedeutung zu verlieren, weil die französischen Kapuziner einen neuen Mittelpunkt für ihre Bemühungen gefunden hatten: St. Louis in Pera. Dies war eine Folge des Umstandes, daß sich in Pera mehr und mehr Botschaften ansiedelten und mit ihnen auch europäische und andere vornehme Familien.

Einem Bericht aus dem Jahr 1745 ist zu entnehmen, daß St. Georg der Seelsorge insbesondere für französische und italienische Kaufleute sich widme sowie Armeniern, die zum Katholizismus konvertiert waren. Gottesdienste wurden in französischer, italienischer, griechischer und armenischer Sprache gelesen, auch der Katechismusunterricht wurde in diesen Sprachen gehalten, zudem bestand dort eine Ausbildungsstätte für Dolmetscher für den Dienst des Königs von Sizilien.

Aus einem Reisebericht vom 27. August 1748 ist zu erfahren, daß an der Kirche St. Georg eine Bruderschaft für die Seelen im Fegefeuer tätig sei, die am 1. Juni 1737 von der S. Congregatio bestätigt worden war und die insbesondere der "Stärkung der katholischen und Wiedergewinnung der getrennten Armenier" diene.